AAT #15 Telenotarzt: Wie Telemedizin die Notfallversorgung verändert

Dezember 12, 2024
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Jan

1. Einleitung: Die Herausforderungen der Notfallmedizin

Die Notfallmedizin steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Mit dem „Silber-Tsunami“, also der alternden Bevölkerung, sinkt die Zahl der verfügbaren Fachkräfte rapide, während die Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen stetig steigt. Hinzu kommen regionale Unterschiede in der Verfügbarkeit von Notärzten und der wachsende Bedarf an effizienteren Einsatzkonzepten. Der Telenotarzt könnte eine Lösung für viele dieser Probleme bieten. Doch was genau steckt dahinter, und wie sieht die Praxis aus?


2. Was ist ein Telenotarzt?

Ein Telenotarzt ist eine hochverfügbare Ressource, die per Video- und Audioverbindung Überwachung, Anweisungen und rechtliche Freigaben in Echtzeit ermöglicht. Er ergänzt oder ersetzt den bodengebundenen Notarzt und schafft so Flexibilität in der Notfallversorgung. Notfallsanitäter können direkt am Einsatzort einen Telenotarzt zuschalten, der sie bei Entscheidungen unterstützt oder die Dokumentation erleichtert.


3. Praxisbeispiele: Wo der Telenotarzt bereits Leben rettet

In Regionen wie Aachen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zeigen Pilotprojekte, wie erfolgreich Telenotarzt-Systeme sein können. Besonders in ländlichen Gebieten, in denen bodengebundene Notärzte schwer verfügbar sind, wird der Telenotarzt eingesetzt, um therapiefreie Intervalle zu überbrücken. Dabei reicht das Spektrum der Einsätze von Routinefällen bis hin zu lebensrettenden Maßnahmen wie der Unterstützung bei Spannungspneumothorax.


4. Technologische Grundlagen: Was macht den Telenotarzt möglich?

Der Erfolg des Telenotarztes hängt von leistungsfähigen Technologien ab. Mobile Router, Apps und cloudbasierte Systeme übertragen Vitaldaten in Echtzeit. Zusätzlich ermöglichen Bluetooth-Headsets und Brusthalterungen für Kameras eine einfache und sichere Kommunikation. Auch audiobasierte Fallback-Optionen sichern die Funktionsfähigkeit bei schwacher Netzabdeckung.


5. Kultureller Wandel und Schulung: Herausforderungen der Implementierung

Die Einführung des Telenotarztes erfordert mehr als nur Technik. Schulungen sind essenziell, um die Teams auf die neuen Prozesse vorzubereiten. Doch nicht nur technische Fertigkeiten, sondern auch eine Änderung des Mindsets ist notwendig. Es braucht Akzeptanz für digitale Dokumentation und hybride Arbeitsmodelle. Projekte wie Simulationstrainings haben sich hier als besonders hilfreich erwiesen.


6. Der Blick über den Tellerrand: Internationale Beispiele und Learnings

Länder wie die USA und die Schweiz sind bereits Vorreiter in der Nutzung von Telemedizin. In den USA betreiben Klinikketten und Rettungsdienste landesweite Telemedizinzentralen, die Rettungsfahrzeuge, Hubschrauber und Intensivstationen betreuen. In der Schweiz wird der Einsatz von Telemedizin zur Entlastung des Rettungsdienstes und der Notfallversorgung erfolgreich erprobt. Deutschland kann von diesen Beispielen lernen und eigene Strukturen anpassen.


7. Die Zukunft der Notfallversorgung: Visionen und Potenziale

Der Telenotarzt ist nur der Anfang. Langfristig könnten telemedizinische Netzwerke entstehen, die überregional Fachärzte verknüpfen und 24/7 Verfügbarkeit sichern. Künstliche Intelligenz könnte die Dokumentation automatisieren und Entscheidungsprozesse weiter unterstützen. Eine engere Zusammenarbeit zwischen den Sektoren – von Rettungsdiensten über Krankenhäuser bis hin zu Pflegeeinrichtungen – ist essenziell, um die Versorgung in Deutschland nachhaltig zu verbessern.


8. Fazit: Der Telenotarzt als Schlüssel zur Transformation

Der Telenotarzt ist ein Schlüsselinstrument, um die Herausforderungen der Notfallversorgung zu bewältigen. Er kann nicht nur die Versorgungssicherheit erhöhen, sondern auch Ressourcen schonen und Arbeitsbedingungen verbessern. Doch damit diese Innovation flächendeckend zum Einsatz kommt, sind umfassende Schulungen, eine enge Zusammenarbeit der Akteure und klare politische Rahmenbedingungen erforderlich. Nur durch sektorübergreifende Netzwerke und innovative Konzepte kann die Zukunft der Notfallmedizin gesichert werden.

Jan Zeggel auf Arztkonsultation.de
Jan Zeggel
LinkedIn Profil von Jan Zeggel

Jan Zeggel ist geschäftsführender Gesellschafter der arztkonsultation ak GmbH. In dieser Rolle verantwortet er die Etablierung des Familienunternehmens als führender Software-Anbieter für die Telemedizin. Zudem ist er Initiator und Mitgründer der Open Healthcare Alliance (OHA) und begleitet ehrenamtlich Startups in der Gründungs- sowie Aufbauphase. Zuvor war Jan Zeggel als Geschäftsführer und Advisor für Beratungs- sowie Software-Unternehmen tätig.

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